Jeder dritte Lette will keine Kinder

Demografischer Niedergang im europäischen Nordosten

27.08.2024

Landesfahne von Lettland
Landesfahne von Lettland (Symbolbild) Copyright by IMAGO / Paul Schroeder

RIGA - Die Sterblichkeitsrate im EU-Mitgliedsstaat Lettland übersteigt die Geburtenrate mit 96 Prozent fast um das Doppelte. Im Jahr 2023 starben in Lettland 27.724 Menschen, dagegen wurden 14.121 Kinder geboren. 

Zum Vergleich: 1989, als Lettland noch zwangsweise eine Sowjetrepublik war, starben 32.584 Menschen und 38.922 wurden geboren. Seit dem Jahr 2000 sinkt die Zahl der Geburten. Das lettische Nachrichtenportal jauns.lv. berichtete darüber kürzlich unter der Überschrift „Wir sterben aus!“

Über die sich von Jahr zu Jahr verschlechternden demografischen Indikatoren beriet die Kommission für nachhaltige Entwicklung des lettischen Parlaments, der Saeima. Zu Beginn des laufenden Jahres hatte Lettland laut dem amtlichen Statistikportal des Statistischen Zentralamts in Riga eine Einwohnerzahl von 1.871.882.

In dem mittleren der drei baltischen Länder sinkt die Zahl der Personen im reproduktiven Alter, während die Zahl der Menschen über 40 Jahre zunimmt, stellte eine Expertenanhörung des Unterausschusses für Demografie, Familie und Kinder fest. 

Gleichzeitig nehme die Zahl der Menschen zu, die überhaupt keine Kinder haben wollen: Es seien jetzt fast 30 Prozent der lettischen Einwohner. Der Prozentsatz derjenigen, die gar keine Kinder wollten, habe früher bei fünf bis 10 Prozent gelegen.

Einen negativen Einfluss auf die Demografie übt auch die Emigration aus Lettland aus, von der das Land stark betroffen ist. Wurden 2016 in Lettland noch 21.968 Kinder geboren, waren es 2023 nur noch 14.121 Kinder, was auch auf die Abwanderung von Frauen im gebärfähigen Alter zurückzuführen ist. Allein seit 2022 ist die Geburtenrate um 11,5 Prozent pro Jahr gesunken, ergab die Expertenanhörung nach dem Medienbericht.

Laut dem Parlamentsabgeordneten Jānis Grasbergs hat sich das Wertesystem der Menschen im Laufe der Zeit verändert, und materielle Werte sind in den Vordergrund getreten. Paare entschieden sich dafür, das Kinderkriegen aufzuschieben, weil diese Angst vor Geldmangel haben, und die Regierung sollte dem Rechnung tragen. 

„Die Gesellschaft hat die Werteskala verändert, wir werden sie nicht ändern, aber wir müssen mit ihr Schritt halten“, sagte der Politiker, der bei der Anhörung im Saeima-Unterausschuss dabei war.

Experten räumten auf der Anhörung ein, dass es unmöglich sei, eine schnelle Antwort auf die eklatanten Probleme zu geben, da die Demografie ein komplexes Thema sei. Jemand rief zu positiven Kampagnen auf, die den Bürgern vermitteln, wie toll es sei, Mutter und Vater zu sein. 

Es sei wichtig, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Mütter und Kinder unterstützt und Väter in das Familienleben einbezogen werden. Eltern sollten durch finanzielle Unterstützung ermutigt werden, ein drittes und viertes Kind zu bekommen.

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