1000plus-Schweiz-Geschäftsführer: „Wir erleben eine große Welle an Solidarität“
Matthias Schäppi im Interview über die besondere Situation von 1000plus in der Schweiz
ST. GALLEN. Seit Jahren gibts es durch 1000plus auch Hilfe für Schwangere in der Schweiz. Mit der 1000plus Schweiz GmbH sollte diese Hilfe noch breiter aufgestellt werden. Aber der Kanton St. Gallen verweigert die Ausstellung der Gemeinnützigkeit – obwohl er sie erst in Aussicht gestellt hat. Wie geht 1000plus Schweiz mit dieser Nachricht um? Was macht die 1000plus-Beratung so besonders? Das erklärt Matthias Schäppi – der Geschäftsführer von 1000plus Schweiz – im Interview. Es erschien zuerst im „Standpunkt“, der „christlich-politischen Monatszeitschrift“ der Schweizer Partei „Eidgenössisch-Demokratische Union“. Die Fragen stellte dort Lisa Leisi. Die Originalversion können sie hier lesen.
Herr Schäppi, was macht Profemina aus und unterscheidet dieses Angebot von anderen Lebensrechtsorganisationen?
Bei Profemina gibt es einen Gedanken, der unsere gesamte Arbeit prägt – und dieser Gedanke ist schon in unserem lateinischen Namen ausgesprochen: Für die Frau. An diesem Prinzip richten wir uns aus. Wenn wir in unserer Beratung Frauen im Schwangerschaftskonflikt mit ihren Nöten, Sorgen und Ängsten sehen, fragen wir uns, was genau diese Frauen jetzt benötigen, um eine Entscheidung zu fällen, auf die sie ihr ganzes Leben lang stolz zurückblicken können; eine Entscheidung, die ihr Herz und das Herz ihrer Kinder unversehrt lässt? Anhand dieser Fragestellung konnten wir eine Beratung entwickeln, die die Bedürfnisse dieser Frauen ganz ins Zentrum stellt. Bei uns geht es nicht um Büro- und Telefonzeiten. Unsere Beratung findet online statt, so dass eine Frau in ihrer konkreten Notlage sofort Hilfe bekommt. Unsere Digitalberatung ist so niederschwellig und kann von der Frau in absoluter Anonymität in Anspruch genommen werden. Schon in der ersten Antwort bekommen die Schwangeren in Not eine Hilfestellung, mit der sie ihre Probleme als Herausforderungen annehmen können – und in der meist schon die Hilfe steckt, die ihnen ein „JA“ ermöglicht. Viele Jahrzehnte an Beratungserfahrung sind in unsere maßgeschneiderten Online-Tools geflossen. Eine Beratung ist bei uns zu jeder Zeit – via Smartphone – an jedem Ort möglich. Aus der Kommunikation mit mittlerweile mehreren hunderttausend beratenen Frauen wissen wir, dass es dieser Ansatz ist, der uns ganz besonders macht – und dass er unzählige Entscheidungen für das Leben ermöglicht.
Was macht das Angebot so erfolgreich und wie kommen Schwangere überhaupt auf ihre Beratungsplattform?
Wir richten unsere Webseite ganz auf die Frauen im Schwangerschaftskonflikt aus. Und diese Frauen haben ganz konkrete Nöte und Fragen, auf die sie Antworten suchen. Unsere Beratungsangebote sind darauf gerichtet, diese Fragen, die Schwangere in ihrer Not dann als erstes «googlen» zu beantworten und auf diesen aufbauend dann auch eine weiterführende persönliche Beratung möglich zu machen. Schwangere fragen beispielsweise «Mein Freund will das Kind nicht, soll ich abtreiben?», «Bin ich zu jung für eine Schwangerschaft?» oder «Schwanger trotz Pille». Unser Ziel ist, jeder Frau in ihrer ganz eigenen Situation so anzunehmen und so ernst zu nehmen, dass ihr geholfen werden kann. Die ständig steigenden Zugriffszahlen zeigen, dass dieser Ansatz auch die Bedürfnisse der Frauen im Schwangerschaftskonflikt trifft. Wir haben jeden Tag rund 5.000 eindeutige Klicks von Schwangeren auf unsere Online-Angebote und ungefähr 700 bis 1.000 digitale und persönliche Beratungen. Möglich ist dies nur, weil wir bei Google die entsprechenden «Rankings» besetzen, auf welche heutzutage überhaupt noch geklickt wird; sprich unsere Suchbegriffe müssen auf den ersten fünf Plätzen zu finden sein, wenn danach gegoogelt wird. Und daran arbeiten wir jeden Tag...
Was ist Ihre Arbeit, was für Personen arbeiten bei 1000plus und Profemina und wie finanzieren Sie sich?
Die von Kristijan Aufiero gegründeten 1000plus Organisationen fördern und finanzieren das weltweite Beratungsangebot von Profemina. Ich bin der Geschäftsführer von 1000plus Schweiz, nehme aber auch bei Profemina noch eine Rolle wahr. Dort leite ich den Bereich der Digitalen Beratung, in welchem rund 30 Mitarbeiter in vier verschiedenen Abteilungen und mit ganz unterschiedlichen Aufgaben unseren Internetauftritt realisieren. Unsere Webseite muss stets inhaltlich und technisch auf dem allerneuesten Stand sein, damit wir „unseren“ Schwangeren in Not die bestmögliche Beratung zukommen lassen können – und damit diese unsere Angebote im Internet überhaupt finden können. Es sind SEO-Experten, Programmierer und Software-Profis, die das sicherstellen. Unsere professionellen Beraterinnen haben Medizin, Psychologie oder Logotherapie studiert, werden in Vollzeitstellen entlohnt und sorgen dafür, dass unsere digitalen Tools und Texte den charakteristischen empathischen Profemina-„Geist“ haben. Und schließlich sind es die Übersetzerinnen, die dafür sorgen, dass diese Beratungsimpulse in immer mehr Ländern getragen werden. Möglich ist das alles nur, weil sich unter dem Namen 1000plus tausende Menschen hinter diese Aufgabe gestellt haben, die mit ihrer finanziellen Unterstützung diese Hilfe möglich machen.
Seit wann gibt es Profemina, wie sind die Entwicklungen in der Schweiz und in welchen Ländern ist das Beratungsnetzwerk aktiv?
Profemina ist seit 1999 aktiv für Schwangere in Not. Da es sich dabei ursprünglich um ein Beratungsangebot in deutscher Sprache handelt, haben sich auch schon seit jeher Frauen aus der Schweiz an uns gewandt. Mittlerweile sind es jedes Jahr mehrere tausend Schweizerinnen, die auf unserer Beratungsplattform profemina.org Information, Beratung und Hilfe erhalten. Seit geraumer Zeit stellen wir für diese Schwangeren in Not auch spezifische Informationen, etwa zu geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz, zur Verfügung. Neben den deutschsprachigen Regionen gibt es zum jetzigen Zeitpunkt auf unserer Homepage Informations- und Beratungsangebote für Frauen aus den USA, Italien und Portugal. Angebote für weitere Länder folgen.
Wie wissen Sie, ob Ihre Plattform ankommt, Frauen echte Hilfe bekommen und Ungeborene rettet?
Wir wissen, dass unsere Angebote von Jahr zu Jahr von mehr Frauen in Anspruch genommen werden. Wir evaluieren ihre Zufriedenheit stetig. Über 95% der Frauen, die an dieser Evaluation teilnehmen, signalisieren uns ihre Zufriedenheit. Mit manchen Frauen sind unsere Beraterinnen auch längere Zeit im Kontakt, manchmal weit über die Geburt des Kindes hinaus. Die Rückmeldungen, die emotionale Bindung, die sich da teilweise aufbaut, sind eine schöne Bestätigung. Bei unseren Niederlassungen in Deutschland sind es auch die über 750 Google-Bewertungen mit fünf Sternen, die zeigen, dass diese Hilfe ankommt. Und schließlich sind es bis heute zehntausende Mütter, die trotz aller Widerstände JA zum Leben gesagt haben…
Sie haben auch mit Widerständen zu kämpfen, etwa durch IPPF (International Planned Parenthood Federation). Erzählen Sie.
Die IPPF ist der weltweit größte Akteur der Abtreibungsindustrie und vereint rund 150 Organisationen auf der ganzen Welt, in der Schweiz beispielsweise die grossteils staatlich finanzierte „Sexuelle Gesundheit“. Die IPPF scheint jetzt erkannt zu haben, dass die Zukunft ihrer „Beratung“ ebenfalls in der Digitalisierung liegt. Aus diesem Grund hat sie im vergangenen Jahr ein Strategiepapier veröffentlicht. Darin finden sich die Ziele, Nummer Eins zu bleiben bei stationären Abtreibungen – und führend zu werden im Bereich der weltweiten „Digitalberatung“ von Schwangeren in Not. Dementsprechend hat die IPPF auch schon – ziemlich eindeutige Kopien(!) – unserer Beratungstools veröffentlicht. Zum Leben werden dort Schwangere allerdings nicht beraten. Ihnen werden vielmehr Abtreibungspillen verkauft.
Woran sind Sie im Kanton St. Gallen?
Wir sehen uns gerade in einer schwierigen Situation, in einer, die wir in der Schweiz nicht für möglich gehalten hätten. Der Kanton St. Gallen verweigert uns die – im Vorhinein als ziemlich sicher in Aussicht gestellte – Anerkennung als gemeinnützige Organisation. Der Kanton ist der Ansicht, dass das Anliegen von 1000plus nicht gemeinnützig sei! Die zentrale Mission – nämlich mit Schwangeren gemeinsam Alternativen zur Abtreibung zu erarbeiten und so ein Ja zum Leben zu ermöglichen – wird vom Steueramt offensichtlich nicht als gemeinnützig erachtet. Aus diesem Grund haben wir einen Offenen Brief mit breiter Unterstützung und prominenten Erstunterzeichnern auf unserer Webseite www.1000plus.net/de-ch lanciert. Erfreulicherweise erleben wir eine große Welle an Solidarität und sind gerade den vielen EDU-Politikern und Sympathisanten sehr dankbar, die schon unterschrieben haben.
Sie führen unter anderem Babyflaschen-Aktionen in christlichen Gemeinden durch. Was ist damit gemeint?
Wir wissen, dass die allermeisten unserer Unterstützer aktive Christen sind, in ihren Gemeinden engagiert und bereit, für Schwache einzustehen. Ohne diese Menschen wäre die Profemina-Beratung nie möglich gewesen. Deswegen fragen wir Kirchengemeinden an, ob wir unsere Arbeit bei ihnen vorstellen dürfen. Wir erzählen dann von dem, was bei Profemina täglich passiert – und davon, wie Schwangere in Not durch die 1000plus finanzierte Profemina-Beratung wieder Hoffnung schöpfen und sich danach in zwei Drittel der Fälle für ihr Kind entscheiden. Wir verteilen unsere grün-weißen Babyflaschen („Schöppeli-Flaschen“), die freiwillig mit nach Hause genommen und mit Kleingeld gefüllt werden können. Einige Tage oder Wochen später kommen wir in die Gemeinde zurück und nehmen unsere „Schöppeli-Flaschen“ wieder mit.
Was treibt Sie an, motiviert Sie bei Ihrer Arbeit und was wünschen Sie sich für die nächste Zukunft?
Ich träume davon, dass jede Schwangere in Not auf der Welt die Möglichkeit hat, Information, Beratung und Hilfe zu finden; dass viele Frauen mit Hilfe unserer digitalen Beratungsplattform profemina.org eine Alternative zur Abtreibung für sich entdecken – und sich dann in Freiheit für das Kind unter ihrem Herzen entscheiden können. Für die Schweiz und den Kanton St. Gallen wünsche ich mir vor allem einen fairen Umgang mit unserem Anliegen. Ich wünsche mir, dass viele Menschen unseren Offenen Brief unterschreiben und der Kanton uns nicht weiter behindert. Ich wünsche mir eine Schweiz, in der sich immer mehr Frauen für das Leben entscheiden und die „Kultur des Lebens“ wieder aufblüht.
Unterschreiben Sie den Offenen Brief an den Kanton St. Gallen: Offener Brief an den Kanton St. Gallen
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