Psychiatrie-Emeritus fordert Ausbau von Suizidprophylaxe und Palliativmedizin

„Der Lebensschutz der Sterbewilligen bleibt dabei auf der Strecke“

27.05.2024

Sterbehilfe
Sterbehilfe (Symbolbild) Copyright by IMAGO / Becker&Bredel

WITTEN - Der Psychiatrie-Professor Karl Beine hat in der aktuellen Debatte um Sterbehilfe eine Überbetonung des individuellen Selbstbestimmungsrechts beklagt, wie das Portal meine-kirchenzeitung.de berichtet.

„Der Lebensschutz der Sterbewilligen bleibt dabei auf der Strecke“, sagte der emeritierte Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Witten/Herdecke (Nordrhein-Westfalen).

Eine gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe müsse sicherstellen, dass zwei unabhängige Gutachter zu unterschiedlichen Zeitpunkten frei von finanziellen Anreizen feststellen, dass ein Sterbewilliger seine Entscheidung zur Selbsttötung freiverantwortlich getroffen habe, forderte Beine.

Grundlegend für den Wunsch, sich das Leben zu nehmen, sei der Wille, einen gegenwärtigen oder in der Zukunft befürchteten Zustand nicht erleben zu müssen, erklärte der Psychiater.

Das eigene Leben werde nicht mehr als lebenswert empfunden. Häufig verwendete Vokabeln wie „Überalterung“, „Rentnerschwemme“, „Kostenexplosion im Gesundheitswesen“ oder „Pflegenotstand“ seien nicht dazu angetan, den Lebensmut gefährdeter Menschen zu stärken.

Beine kritisiert ein Missverhältnis. Die bewusste Vorverlegung des Todeszeitpunkts werde in der öffentlichen Diskussion „als Ausdruck höchster Selbstbestimmung in Freiheit glorifiziert“, sagte er.

Er kritisierte den Begriff des „Freitods“, dieser sei ein Euphemismus ähnlich wie das Reden vom „selbstbestimmten Sterben“. „Selbsttötungen – allein oder mithilfe anderer – wird so der Weg in die Normalität gebahnt“, warnte der Emeritus.

Die Palliativmedizin flächendeckend auszubauen, die Versorgung mit Hospizen ausreichend zu machen, für ältere Menschen verbesserte Alltagsassistenzen in ihrer gewohnten Umgebung bereitzustellen und mehr Suizidprophylaxe seien Grundvoraussetzungen für freie Entscheidungen, empfahl der Psychiatrie-Professor.

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