Wie Deutschlands grösster Sender Stimmung gegen Pro Femina macht
WDR löscht Beitrag
Von Lukas Steinwandter
Der Westdeutsche Rundfunk Köln (WDR) ist die grösste Sendeanstalt der ARD. Laut dem jüngsten Geschäftsbericht nimmt sie fast 1,2 Milliarden Euro jährlich allein an Rundfunkgebühren ein. Der WDR beschäftigt damit nach eigenen Angaben rund 4.300 feste und zahlreiche weitere freie Mitarbeiter. In Europa ist nur die BBC grösser.
Diese Fakten gilt es im Hinterkopf zu behalten, wenn es darum geht, die journalistische Qualität der Rundfunkanstalt zu bewerten. Und auf die bilden sich die Öffentlich-Rechtlichen traditionell viel ein. Freilich klafft zwischen dem Anspruch, der Eigenwahrnehmung und der Realität oft eine grosse Lücke.
Regelmässig deutlich wird das vor allem bei den Themen, die den häufig rot-grün eingestellten Journalisten ein Dorn im Auge sind. Eines davon ist die Abtreibung. Und wie schwierig das angeblich in Deutschland sei. 100.000 Abtreibungen pro Jahr widerlegen diese Behauptung. Für den WDR, genauer gesagt seiner Sendung „Frau tv“ spielt das aber keine Rolle. Dort beschäftigen sich die Mitarbeiter auf Kosten der Gebührenzahler monatelang mit „Schwangerschaftsabbrüchen“. Die echten Sorgen und Nöte der betroffenen Frauen geraten dabei aber leider oft in den Hintergrund, stattdessen werden linke Ideologien verbreitet, denen sich Frauen unterwerfen sollen.
Der Zuschauer erfährt nicht alle Fakten
Ende Januar widmete sich die WDR-Sendung „Frau tv“ der Frauenhilfsorganisation Pro Femina, die Schwangeren in Not zur Seite steht. In der ARD-Mediathek heisst es über „Frau tv“: Die Sendung stelle die Lebenswirklichkeit von Frauen dar und möchte „den Zuschauerinnen Mut machen, ihren ganz eigenen Lebensplan zu entwickeln. Durch gut recherchierte Informationen aus Medizin, Wirtschaft, Politik, aber auch aus den Bereichen Mode und Unterhaltung.“
Doch die Sendung von Ende Januar ist in den Mediatheken nicht mehr abrufbar. Der Grund: journalistische Grundsätze wurden auf frappierende Weise verletzt. In dem Beitrag wird unter der Rubrik „böse Minute“ suggeriert, Pro Femina verheimliche gegenüber beratenen Frauen, dass der Verein nicht Teil des staatlichen Beratungssystems bei Schwangerschaftskonflikten sei und damit keine sogenannten Beratungsscheine ausstellen könne.
Tatsächlich steht dies sowohl in den auf der Website von Pro Femina veröffentlichten Grundprinzipien als auch in den E-Mail-Signaturen der Beraterinnen. Zudem wird dies Schwangeren gegenüber, die sich über die Hotline an Pro Femina wenden, auch ohne Nachfrage im ersten Gespräch mitgeteilt.
Doch nicht nur das: Der WDR stellte auch eine Presseanfrage an Pro Femina. Auf die Frage „Welche Form von Beratung bieten Sie an?“ wies der Verein explizit darauf hin, keine Beratungsscheine auszustellen und nicht zum staatlichen Beratungssystem zu gehören. Doch davon erfährt der Gebührenzahler bei Ausstrahlung der Sendung nichts.
Die Schlagrichtung ist schon bei der Recherche klar
Stattdessen darf die Ärztin Kristina Hänel, die sich für ein liberaleres Abtreibungsrecht in Deutschland einsetzt, ausführlich erklären, dass ja schon im Namen Pro Femina die vermeintlich betrügerische Intention der Frauenhilfsorganisation enthalten sei. Denn der Name böte es an, mit Pro Familia verwechselt zu werden, bei der es sich um eine „staatlich anerkannte Beratungsstelle“ handelt, wo Schwangere einen Abtreibungsschein erhalten können.
Dass der WDR schon bei der Recherche zu dem Beitrag eine entsprechende Schlagrichtung einplante, beweist eine der Fragen, die der Sender bereits Mitte Oktober 2021 Pro Femina stellte. „Ist die Ähnlichkeit zu Pro Familia beabsichtigt?“, fragte eine Journalistin hinsichtlich des Namens. Pro Femina sei an das lateinische Wort für Frau angelehnt: „Eine Ähnlichkeit zwischen den beiden Vereinsnamen besteht nicht“, antwortete die Hilfsorganisation. „Vor diesem Hintergrund wäre es unzulässig, den falschen Eindruck zu erwecken, dass der Pro Femina e.V. eine Ähnlichkeit zu Pro Familia beabsichtige.“
Wenn Journalisten ihren Berichten eine bestimmte Richtung geben und gleichzeitig den Schein ihrer Unabhängigkeit wahren wollen, dann bedienen sie sich oft eines Tricks: Man lässt „Experten“ zu Wort kommen, die genau das sagen, was man selbst nicht sagen darf. In diesem Fall Hänel, die als Ärztin selbst Abtreibungen durchführt.
Audiatur et altera pars? Fehlanzeige!
Hänels Vorwürfe, wonach die Frauen nicht erfahren würden, dass sie bei Pro Femina keine Beratungsscheine erhalten, blieben unkommentiert stehen. Pro Femina durfte in dem Beitrag nicht darauf eingehen, obwohl der Verein dem WDR in einer Presseanfrage klargemacht hatte, dass er keine Beratungsscheine ausstelle und dies den Frauen mitteile, die sich telefonisch an Pro Femina wenden. An den journalistischen Grundsatz Audiatur et altera pars – auch die andere Seite sollte zu Wort kommen – hielten sich die „gut recherchierenden“ WDR-Journalisten nicht.
Am 21. Februar, also fast einen Monat nach der Ausstrahlung der „Frau tv“-Sendung, unterschrieb der öffentlich-rechtliche Sender eine Unterlassungserklärung und nahm den Beitrag aus der Mediathek. Man bedauere, dass die Einlassungen von Pro Femina „nicht in der gebotenen Weise für den Beitrag berücksichtigt wurden“, schrieb ein WDR-Justiziar.
Juristisch und journalistisch liegt der Fall klar: Der WDR hat gegen Standards verstossen, für die gerade ein öffentlich-rechtlicher Sender vorbildlich stehen sollte, nahm den Beitrag vom Netz und verpflichtete sich, die darin enthaltenen Behauptungen nicht mehr zu verbreiten. Doch ist damit der Gerechtigkeit genüge getan?
Wohl kaum. Denn der WDR-Beitrag blieb wochenlang in der Mediathek. Mutmasslich haben ihn Hunderttausende oder mehr gesehen. Über die miserable journalistische Qualität der entsprechenden Sendung, die sogar zu ihrer Löschung führte, erfahren sie nichts. Und die Kosten für die Unterlassungserklärung werden am Ende auf die Gebührenzahler umgewälzt.
Die Wahrheit über Frauen im Schwangerschaftskonflikt hören Sie in diesem Podcast:
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